Montag, 09. Oktober 2023

Krieg soll nach Gottes Willen nicht sein!

Übergang vom Gaza-Streifen zum Erez-Grenzübergangsterminal
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Seit dem Angriff palästinensischer Milizen auf den Staat Israel in den frühen Morgenstunden des 7. Oktober stehen wir in engem Austausch mit Menschen in der gesamten Region, denen wir verbunden sind. Das, was wir hören, geht uns nahe. Um nur wenige Beispiele zu nennen: Wir nehmen Anteil an der Angst jüdischer Israelis, die sich in Mevasseret Zion (einem jüdischen Vorort Jerusalems) in einen Schutzraum geflüchtet haben, ebenso wie an der Angst palästinensischer Israelis in einem ganz ähnlichen Schutzraum in Abu Gosh (einem arabischen Vorort Jerusalems). Wir sind solidarisch mit unseren palästinensischen christlichen Geschwistern, die im Ahli Arab Hospital in Gaza palästinensische Kriegsopfer versorgen, ohne nach deren Hintergrund zu fragen – und stehen an der Seite der unzähligen Israelis, Frauen, Männern und Kindern, die am jüdischen Festtag der Tora-Freude schamlos angegriffen wurden. Wir klagen über alle Opfer, die dieser Krieg bereits gefordert hat.

Raketen unterscheiden nicht zwischen Israelis und Arabern; nicht zwischen Juden, Muslimen oder Christen. Unter den Opfern befinden sich Soldaten und Zivilisten, Einheimische und thailändische Gastarbeiter auf den israelischen Plantagen rings um den Gazastreifen, die aus wirtschaftlicher Not hierhergekommen sind. Krieg soll nach Gottes Willen nicht sein.

Die EMS fordert alle Mitglieder, Partner, Geschwister in der Region auf, sich für den Frieden einzusetzen:

1. Diese Gewalt muss sofort enden. Das Feuer muss eingestellt werden. Alle, die als Geiseln gehalten werden oder in den Gazastreifen verschleppt wurden, müssen sofort freigelassen werden. Dies gilt insbesondere für Frauen und Kinder. Wer unschuldige Mütter mit ihren kleinen Kindern verschleppt, stellt sich außerhalb jeglicher Religion und jeglicher menschlichen Gemeinschaft.

2. Auch wenn Israel durch diesen Angriff erstmals seit genau 50 Jahren überrascht wurde, so ist es doch nicht der erste Krieg um den Gazastreifen. Die letzten Waffengänge fanden 2008/09, 2012, 2014 und 2021 statt. In den dazwischen liegenden Phasen relativer Ruhe wurde immer wieder versäumt, ernsthaft nach langfristigen Lösungen für die Region zu suchen. Aufmerksame Beobachterinnen und Beobachter haben bei zahlreichen Gelegenheiten auf dieses Versäumnis hingewiesen. Auch nach dem derzeitigen Krieg wird wieder gelten: Die Menschen im Gazastreifen, der seit 2007 sowohl von Israel als auch von Ägypten weitgehend abgeriegelt ist, brauchen Lebens- und Entwicklungsperspektiven, die ihnen viel zu lange vorenthalten wurden. Zugleich muss der immer wieder artikulierte Irrglaube bekämpft werden, der Staat Israel sei ein „koloniales Siedlerunternehmen“, welches irgendwann aus der Region verschwinden werde, wenn man nur lange genug eine „Normalisierung“ der Beziehungen verweigere. Wir sind überzeugt: Israelis und Palästinenser können und werden dauerhaft miteinander leben – dazu müssen wir die Kräfte der Vernunft, des Ausgleichs und der Gerechtigkeit stärken.

3. Die Stellvertreterkriege, die Israel- und Palästinafreunde weltweit auf der Straße, an Hochschulen und in den sozialen Medien gegeneinander führen, sind nicht dazu geeignet, zu konstruktiven Lösungen im Nahen Osten beizutragen. Insbesondere in diesen Tagen wird häufig gefordert, sich ganz für die eine und gegen die jeweils andere Seite zu positionieren. In der Folge solcher Forderungen, die teilweise mit ebenso starken wie verständlichen Emotionen vorgetragen werden, scheinen auch die letzten offenen Gesprächskanäle zwischen den unterschiedlichen Positionen abzureißen. Wir werden solchen Forderungen nicht nachgeben, sondern mit allen im Gespräch bleiben, die weiter an einem Miteinander in Frieden und gerechten Beziehungen arbeiten.

4. Die Evangelische Mission in Solidarität (EMS) ist ein Netzwerk von 25 Kirchen und fünf Missionsgesellschaften in Asien, Afrika, Europa und dem Nahen Osten. Zu ihr gehört auch die „Episcopal Diocese of Jerusalem“. Diese anglikanische EMS-Mitgliedskirche betreibt in Gaza das „Ahli Arab Hospital“. Das Krankenhaus versteht sich als Dienst der kleinen christlichen Gemeinschaft an der gesamten Gesellschaft im Gazastreifen. Über den anglikanischen Erzbischof in Jerusalem, the Rt. Rev. Dr. Hosam Naoum, erreicht uns in diesen Tagen die Bitte von Dr. Suhaila Tarazi, der Direktorin dieser Einrichtung, um Unterstützung. Dr. Tarazi ist eine bemerkenswerte Frau, die während aller vergangenen Kriege als Leitung des Ahli Arab Hospitals ausgeharrt und mit ihrem Team darauf geachtet hat, dass die Zivilbevölkerung des Gazastreifens hier eine gute medizinische Versorgung erhält. Auch jetzt leidet die Zivilbevölkerung auf beiden Seiten des Kriegsgeschehens massiv. Durch die enge Verbundenheit mit unseren anglikanischen Geschwistern im Nahen Osten haben wir die Möglichkeit, wenigstens an dieser einen Stelle konkret und direkt zu helfen. Bei der EMS gibt es dauerhaft ein Konto, über das Spenden an das Ahli Arab Krankenhaus weitergeleitet werden. Wer eine Spende mit dem Verwendungszweck „Krankenhaus Ahli Arab“ an das Spendenkonto der EMS überweist, darf sich sicher sein, dass das Geld diesem wichtigen Dienst direkt zugutekommt.

Dr. Tarazi beendet ihren Brief mit den Worten: „Bitte betet mit uns, dass diese Welle der Gewalt gestoppt wird, denn in Kriegen gibt es keine Gewinner. Alle sind Verlierer.“

Diese Bitte geben wir jetzt und hier an alle weiter: Betet mit uns, dass diese Welle der Gewalt gestoppt wird! Krieg soll nach Gottes Willen nicht sein!

Pressekontakt: Pfarrer Dr. Uwe Gräbe, Nahost-Referent, graebe@dont-want-spam.ems-online.org, Tel. +49 711 636 78 -37

Spendenkonto:
Evangelische Bank eG
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BIC: GENODEF1EK1
Stichwort: Krankenhaus Ahli Arab