Dienstag, 14. Januar 2025
Trauern Frauen anders?
Einblicke aus Ghana und Südafrika

Die fünfteilige Serie „Tod und ewiges Leben“ (hier nachzulesen) bot spannende Einblicke in die Bestattungsbräuche der weltweiten EMS-Gemeinschaft. Rebecca Abladey aus Ghana sowie Buyiswa Sambane und Anda Nkosi aus Südafrika, Mitglieder des internationalen Frauennetzwerks der EMS, beleuchten nun, wie traditionelle Rollenbilder und Verhaltensregeln den Umgang mit Tod und Trauer beeinflussen. Oft sind es vor allem die Frauen, die durch bestimmte gesellschaftliche Erwartungen benachteiligt und diskriminiert werden.
Gehen Frauen in Ghana anders mit dem Tod um als Männer? Ein ghanaisches Sprichwort lautet „Berima nsu“ (deutsch: „Ein Mann weint nicht“). Die gesellschaftliche Erwartung an Männer ist, dass sie stark sind, stoisch bleiben und ihre Gefühle für sich behalten. Auch von Frauen wird in Ghana erwartet, dass sie sich bei Trauerfällen in einer bestimmten sozial akzeptierten Weise verhalten. So gibt es für Witwen spezielle, kulturell festgelegte Trauerrituale, die sie durchlaufen müssen. Die Einhaltung dieser Witwenrituale liegt in den Händen besonderer Frauen, die meist auch als Bestatterinnen fungieren.
Nicht selten werden Witwen traditionellen Ritualen unterworfen, die sie nach dem Verlust ihres Mannes noch mehr deprimieren und frustrieren. Diese Rituale werden in der Regel von der Familie des verstorbenen Mannes mit Zustimmung der Familie der Witwe durchgeführt. Witwer hingegen sind von solchen kulturellen Regeln nicht betroffen. Sie werden oft ermutigt, wieder zu heiraten – im Gegensatz zu Witwen, die aus Gründen der Kindererziehung oft allein bleiben; oder weil sie emotional zu tief verletzt und traumatisiert sind.
Die Presbyterianische Kirche von Ghana (PCG) bietet trauernden Familien Seelsorge und Beratung an. Speziell für Witwen gibt es darüber hinaus auch Angebote, um sie wirtschaftlich zu fördern. Dies stärkt ihr Selbstwertgefühl und ermöglicht ihnen ein selbstbestimmtes, unabhängiges Leben.
Perspektiven aus Südafrika
Auch im südafrikanischen Kontext unterscheiden sich die Erfahrungen von Frauen mit Tod und Trauer erheblich von denen der Männer. Vor allem in ländlichen Gebieten sind Frauen angehalten, ihre Trauer öffentlich zu zeigen. Es wird von ihnen nicht nur erwartet, dass sie den Schmerz fühlen – sondern auch, dass man ihren Schmerz „sieht“.
Buyiswa Sambane, ein Mitglied des Frauennetzwerks aus Südafrika, erinnert sich: „Ich war mit meiner Mutter und meiner Cousine zu Hause, als wir vom Tod meines Vaters erfuhren. Meine Mutter nahm die traurige Nachricht sehr gefasst auf. Aber sie hatte Angst, dass die Dorfbewohner sagen würden, sie hätten ihre Klage über den Tod ihres Mannes nicht gehört. Also begann sie laut zu weinen, denn das wurde von ihr erwartet. Von Männern wird das nicht erwartet, sie sollen stark und ruhig sein.“ Ihre traditionelle Rolle als Versorger und Beschützer zwingt Männer dazu, ihre Emotionen zu unterdrücken – selbst beim Tod eines Familienmitglieds.
Die Art und Weise, wie wir erzogen wurden, beeinflusst unser Verhalten und unsere Reaktion auf den Tod. Nicht selten werden Menschen dafür verurteilt, wie sie ihre Trauer ausdrücken oder eben auch nicht ausdrücken. Der unterschiedliche Umgang von Männern und Frauen mit dem Tod wird vor allem durch familiäre, gemeinschaftliche und gesellschaftliche Normen und Erwartungen bestimmt. Diese sind für Frauen tendenziell eher restriktiv und für Männer eher liberal. In jedem Fall stellt der Tod eines geliebten Menschen für beide Geschlechter eine zutiefst einschneidende Erfahrung dar.
Rebecca Abladey (Ghana), Buyiswa Sambane (Südafrika), Anda Nkosi (Südafrika)
Mitglieder des EMS-Frauennetzwerks